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Wenn PR auf Journalismus trifft: Werner Grundlehner im Gespräch
Wenn PR auf Journalismus trifft: Werner Grundlehner im Gespräch

Ich würde gerne der Frage nachgehen, wie Journalisten unsere Branche wahrnehmen: PR-Agenturen Fluch oder Segen? Und dazu habe ich mich mit Werner Grundlehner getroffen. Er arbeitet bereits fast dreissig Jahre als Journalist, aktuell als freier Autor. In der Vergangenheit hat er unter anderem als Wirtschaftsredaktor für die „NZZ“ und die „Finanz und Wirtschaft“ geschrieben. Heute wechselt er für dieses Interview für ein Mal die Seiten.

 

Werner, als erstes würde mich interessieren, wie Du die tägliche Arbeit mit PR-Agenturen erlebst.

Das heftigste Lebenszeichen einer Agentur ist wohl der volle Posteingang im Mailaccount des Journalisten. Dabei versenden die PR-Agenturen Mitteilungen ihrer Kunden. In meinem Fall sind das meist Finanzunternehmen und einige Tech-Gesellschaften. Teilweise erhalte ich auch Telefonanrufe von PR-Büros, die mir einen Interviewpartner zu einem konkreten Thema vorschlagen. Zudem werde ich von PR-Agenturen zu Branchen- und Unternehmensevents eingeladen. Wobei man bei der heutigen Arbeitsbelastung diese immer weniger wahrnehmen kann.

Wie würdest du eine gelungene, Zusammenarbeit mit einer PR-Agentur beschreiben?

Wie gerade erwähnt, ist der Faktor Zeit entscheidend – zudem ist der Journalist immer etwas unter Druck, hat kaum Zeit lange Texte zu lesen und ist schnell gelangweilt. Deshalb ist jeder dankbar, wenn er nicht breit gestreute „Massenmails“ erhält, sondern solche zu seinen Themenschwerpunkten. Das setzt voraus, das der PR-Mitarbeiter den Journalisten etwas kennt. Bei meiner Zeit bei der NZZ war ich beispielsweise der geeignete Empfänger von Meldungen zu Private Equity, Biotech-Aktien, IT und Krypto/Blockchain. Weil die Zeit knapp ist, sind wir auch dankbar, wenn individuell ein Aspekt der Meldung herausgegriffen wird, der einen speziell interessieren könnte – der aus Titel und Einleitung nicht unbedingt hervorgeht – und vom PR-Mitarbeiter „aufbereitet“ wird. Denn eventuell ist für den Journalisten ein Aspekt interessant, der nicht aus Titel und Einleitung hervorgeht. Ein PR-Berater, der mich gut kennt, hakt vielleicht nach dem Versand einer wichtigen Meldung per Telefon nochmals nach. Es kann gut sein, dass im Strudel von News, Redaktionssitzungen und E-Mailflut etwas Wichtiges übersehen wird.

Gehst Du auch aktiv auf PR-Agenturen zu?

Ja, sicher. Vor allem wenn ich die Agentur etwas besser kenne und weiss, was für Kunden sie vertritt. Bei gewissen auf Finanzdienstleistern spezialisierten Büros weiss ich, dass sie über eine Auswahl an Strategen verfügen, die etwa bei einer starken Börsenbewegung eine Einschätzung geben können.  Und mir die Agentur vor dem Abgabetermin einen relevanten O-Ton liefert und ich mich so auf andere Aspekte der Recherche konzentrieren kann. Manchmal geschieht es auch mit weniger Zeitdruck und man fragt die Agentur, ob sie die Anfrage für ein CEO-Interview oder Ähnliches platzieren könnte.

Welche Aspekte nerven dich in der Zusammenarbeit mit PR Agenturen? 

Es gibt Agenturen, die einem täglich, mehrmals mit offensichtlich sehr breit gestreuten Mailings eindecken. Diese ignoriere ich mit der Zeit. Da werden dann auch wichtige Meldungen und Primeurs nicht mehr wahrgenommen – vielleicht sogar in den Spam-Ordner geleitet. Unschön ist, wenn Interviews, die der Journalist für ein Okay nochmals geschickt hat, nicht termingerecht zurückkommen – Artikel sind immer terminiert, meistens knapp. Noch schlimmer sind Texte, die so überarbeitet zurückkommen, dass sie nicht mehr zu erkennen sind, nichts mit dem ursprünglichen Gespräch zu tun haben und auch keine Brisanz mehr haben. Das ist vielleicht im Sinne von Compliance, aber nicht des Unternehmens, denn solche weichgespülten Texte werden nicht gelesen – und vielleicht nicht einmal publiziert.

Dann gibt es also auch PR-Arbeit, die bei dir völlig ins Leere läuft?

Herzig finde ich zum Beispiel, wenn Agenturen oder Unternehmen selbst Artikel schreiben und diese mit dem Vermerk versehen „Kann ab XX.YY so publiziert werden, bitte mitteilen, wann der Artikel erscheint“. Das macht keine Zeitung. Es kommt auch nicht gut an, wenn man Journalisten anruft und ihnen klar machen will, dass sie wenig von der Materie verstehen und es eigentlich so und so ist. Das mag teilweise sogar stimmen – aber so will kein Journalist belehrt werden. Manchmal fragt man sich auch, woher jetzt eine bisher unbekannte PR-Agentur meine Adresse hat, wenn ich die Pressemitteilung eines Wellness-Hotels im Schwarzwald erhalte.

Was wäre abschliessend dein Appell an PR-Agenturen? Gibt es Punkte, die du eben noch nicht genannt hast und die du in der Zusammenarbeit als wichtig erachtest?

Zuerst möchte ich etwas richtigstellen, falls ich zu negativ töne. Es ist klar, PR-Agenturen sind im News-Geschäft wichtig. Sie sind ein wichtiger Vermittler zwischen Journalisten und Unternehmen, die nicht gleichgerichtete Interessen verfolgen. Dessen bin ich mir bewusst, auch wenn ich zeitweise ziemlich grummlig werden kann (lacht). Zusammenfassend würde ich sagen, Qualität vor Quantität – und das auf Speed. Es wäre optimal, wenn man nur Pressematerial und Informationen erhält, die einem wirklich betreffen und die potenziell ins eigene Portfolio passen. Das heisst aber nicht, dass wir diese Meldung dann jedes Mal verwenden – es kann nicht immer zu unseren aktuellen Recherchen passen. Allgemein bin ich aber schon erstaunt von der schieren Menge von PR-Agenturen, davon scheint es mittlerweile mehr als Journalisten zu geben – wobei ich aber seit Jahren mit den gleichen, bewährten Büros zusammenarbeite.

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